Der „Onepercenter“ – kein Mythos, sondern Lifestyle

Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht

Ein Funktionär der US-amerikanischen Motorradvereinigung AMA soll es gewesen sein, der im Jahr 1947 das Urteil fällte, es sei „nur eine Minderheit von höchstens einem Prozent der Motorradfahrer“, die sich über die allgemeinen Anstands- und Benimmregeln hinsetzwegsetzen würde. Er meinte damit die ersten seinerzeit entstehenden Gruppen von Motorradenthusiasten, die sich meistenteils aus heimkehrenden Soldaten zusammenfanden und denen angeblich Werte wie Arbeit, Auto, Familie und Eigenheim, also die Werte des „sauberen Amerika“ entweder völlig fremd, gleichgültig oder schlichtweg nicht zugänglich waren. Der Lebensstil dieser Männer drehte sich mehr und mehr einzig um ihre Motorräder.
Als am 4. Juli 1947 in der kalifornischen Kleinstadt Hollister ein großes Motorrad-Festival stattfand, zu dem weit mehr als die von der organsierenden AMA erwarteten „Biker“ auffuhren, kam es zu Ausschreitungen und im Zuge dessen zu der eingangs beschriebenen Klassifizierung – nicht zuletzt wohl, weil die Organisatoren der AMA mit dem großen Interesse und Andrang schlichtweg überfordert waren und sich von den wenigen distanzieren wollten, die über die Strenge schlugen. So verlautbarte es dann seitens der AMA auch, dass 99 Prozent der Motorradfreunde wertekonform seien, während ein Prozent als Outlaws zu betrachten wären. Was auch immer daran wahr oder falsch ist, mag dahinstehen. Das so genannte Hollister Bash dürfte jedenfalls die Geburtsstunde der Bezeichnung Rocker sein, unter der heutige Mitglieder namhafter Motoradclubs Zusammenschluss finden und die das 1%-Patch, einen rautenförmigen Aufnäher, auf Ihren Kutten tragen (sofern das tragen der Kutte nicht verboten ist), wobei sie damit nach eigener Aussage keineswegs das Bild des Outlaws prägen, sondern vielmehr ein Bekenntnis zu einem gewissen Lifestyle abgeben und eine Tradition bewahren wollen, nämlich die einer vertrauten Gemeinschaft von Bikern mit gleichen Interessen rund um das Motorrad.
Die Strafverfolgungsbehörden waren es schließlich, die den Begriff des „Outlaw Motorcycle Club“ (kurz OMC) erdachten und damit die Motorradclubs, die sich als 1%‘er sehen, in den Bereich der Illegalität einordneten.

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