Die Qualifikation im Strafrecht
Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht
Verbotene Handlungen haben in den diversen Rechtsordnungen mal dieselben, mal ähnliche und mal ganz andere Rechtsfolgen als in Deutschland, eines ist ihnen jedoch stets gemein: Sie sind jeweils in diversen Gesetzen mit verschiedenen Tatbeständen normiert.
Die wohl bekannteste Sammlung von Strafgesetzen findet sich in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB). Es stammt aus dem 19. Jahrhundert, wurde am 15. Mai 1871 erlassen und trat am 1. Januar 1872 in Kraft. Freilich erfuhr es zwischenzeitlich viele Änderungen und Reformen; es bestimmt aber seit seinem Inkrafttreten die rechtlichen Folgen strafbaren Handelns während die so genannte Strafprozessordnung (StPO) das Strafverfahren und dessen Ablauf, also die Durchsetzung der einzelnen Strafgesetze regelt.
Als Tatbestand definiert man die Gesamtheit aller tatsächlichen Voraussetzungen des Gesetzes für eine Rechtsfolge (so genannte Normentheorie). Demnach nennt ein Tatbestand also die abstrakten Merkmale, die einer Tat im rechtlichen Sinne zugrunde liegen. Dabei untergliedert sich ein Tatbestand in einzelne Tatbestandsmerkmale, im Strafrecht sogar noch in einen objektiven und einen subjektiven Teil.
Der Begriff der Qualifikation bezeichnet im Strafrecht die Erweiterung eines Grundtatbestandes um eines oder mehrere strafschärfende Tatbestandsmerkmale. Die Qualifikation ist ein eigener, speziellerer Tatbestand, mit höherer Strafandrohung als das Grunddelikt. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: § 223 StGB regelt den Grundtatbestand einer vorsätzlichen Körperverletzung; wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, dem drohen Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. § 224 StGB regelt die Qualifikation, die so genannte gefährliche Körperverletzung. Eine solche liegt vor, wenn die Körperverletzung des § 223 StGB mittels einer Waffe, eines hinterlistigen Überfalls, mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen wurde. Dem Täter der qualifizierten Straftat droht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.