Die Verfolgung im Ausland begangener Straftaten nach deutschem Recht

Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht

Nach geltendem Recht und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann das deutsche Strafrecht (dt. StR) nicht auf Handlungen angewendet werden, bei denen Täter außerhalb Deutschlands Propagandamittel und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aus dem Ausland in das Internet einstellen. Einige Bundesländer haben daher die Befürchtung bestehender Strafbarkeitslücken wenn Personen gezielt ins Ausland reisen, um dort entsprechende Inhalte im Internet „hochzuladen“. Vor diesem Hintergrund brachte der Bundesrat vor rund einem Jahr einen entsprechenden Gesetzesänderungsentwurf zur Vorlage. Allerdings gab es schon zuvor – und mit der Globalisierung umso mehr – Delikte, die keine nationalen Grenzen kennen, sondern auf internationaler Ebene begangen wurden, z.B. Drogenschmuggel, Menschenhandel, Steuerbetrug etc.
Der heutige Beitrag befasst sich daher mit stets aktuellen der Frage, wie es sich denn nun eigentlich überhaupt mit der Ahndung von im Ausland begangener Straftaten in Deutschland verhält:
Nach § 3 Strafgesetzbuch (StGB) gilt das deutsche Strafrecht für alle Taten, die im Inland begangen werden (Territorialitätsprinzip).
Gem. § 9 StGB ist eine Tat dann im Inland begangen, wenn der Täter (zumindest teilweise) im Inland gehandelt hat, der Taterfolg dort eingetreten ist oder nach Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen, z.B. beim klassischen Straßen-Deal, Drogenversand o. -Transport nach Deutschland.
Gem.§ 4 StGB gilt das dt. StR ferner für alle Taten, die auf einem Schiff oder Luftfahrzeug begangen werden, das unter der Bundesflagge fährt oder das Staatszugehörigkeitszeichen der BRD führen darf (Flaggenprinzip). Die Entführung eines dt. Flugzeugs oder Piraterie an dt. Schiffen in ausländischen Gewässern unterfallen damit auch dem dt. Recht.
Bei reinen Inlandstaten gilt indes stets dt. Recht, egal ob der Täter Deutscher oder Ausländer ist.
Im Übrigen gilt für Straftaten, die im Ausland begangen werden zunächst das örtlich anwendbare (Landes-)Strafrecht. Ausnahme: §§ 5, 6 StGB: Besonders schützenswerte deutsche o. international geschützte Rechtsgüter. In diesen Fällen gilt ungeachtet des Territorialprinzips deutsches Strafrecht, z.B.: Hochverrat, Kindesentziehung, Kernenergie-, Sprengstoff- u. Strahlungsverbrechen, Menschenhandel. Andere Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, sind ebenfalls nach dt. StR zu beurteilen, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Ort keiner Strafgewalt unterliegt oder wenn sie auch am Tatort strafbar sind und der Täter bei der Tat Deutscher war oder es nachher geworden ist. Schließlich gilt dt. StR für im Ausland von Ausländern begangene Straftaten wenn die Tat auch am Tatort strafbedroht ist, der Täter innerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgegriffen wird und das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung grundsätzlich zwar gestattet, der Ausländer aber nicht ausgeliefert wird, weil das erforderliche Auslieferungsersuchen des anderen Staates nicht gestellt oder von deutschen Behörden abgelehnt wird oder aber die Auslieferung nicht ausführbar ist. Z.B.: Ein Mexikaner betreibt Menschenhandel zwischen Mexiko und den USA und wird zufällig in anderer Sache in Deutschland festgenommen. In Ermangelung eines auf die „andere Sache“ vorliegenden Auslieferungsersuchens kann dann nicht abgeschoben werden.
Rechtliche Grundlage für Auslieferungen sind in der Regel so genannte Auslieferungsabkommen zwischen zwei oder mehr Staaten. In Deutschland gilt außerdem das Internationale Rechtshilfegesetz (IRG). Deutsche Staatsangehörige dürfen allerdings grds. nicht an andere Staaten ausgeliefert werden. Ausnahme: Überstellungen an einen EU-Mitgliedsstaat oder an einen Internationalen Gerichtshof unter der Bedingung, dass rechtsstaatliche Grundsätze dabei gewahrt bleiben. Im Übrigen werden an eine Auslieferung hohe Anforderungen gestellt, z.B.: Auslieferung nur wenn die Tat nach dt. und nach dem Recht des ersuchenden Staates strafbar und noch nicht verjährt ist. Das Oberlandesgericht Hamm hat insofern entschieden, dass die Auslieferung eines Deutschen nach Spanien unzulässig ist, wenn die Tat nach dt. Recht zwar auch strafbar, aber inzwischen verjährt ist. Keinesfalls wird ausgeliefert wenn dem Täter im ersuchenden Staat die Verfolgung wegen seiner politischen Anschauungen, wegen seiner Rasse oder Religion oder die Todesstrafe droht.
Offenkundig ist die hier beschriebene Materie ausgesprochen komplex. Wer sich also in einer Situation wiederfindet, in der es tiefergehender Sachkenntnis bedarf, der sollte nicht zögern, die Unterstützung eines entsprechend versierten Rechtsanwalts, z.B. eines Fachanwalts für Strafrecht, in Anspruch zu nehmen.

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