Handyverbot am Steuer – Neues aus der Rechtsprechung

Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit einem Beschluss vom 25.04.2016 das „Handyverbot am Steuer“ aufgeweicht indem es entschieden hat, dass wer sein Mobiltelefon während der Fahrt in der Hand hält, damit nicht automatisch gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt.
Ein Autofahrer musste sich vor dem Amtsgericht Backnang wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung („Handyverbot“) verantworten. Er hatte mit seinem Handy bereits vor Fahrtantritt telefoniert, stieg dann während des Telefonats in sein Auto und startete den Motor. Dabei stellte das Handy per Bluetooth eine Verbindung mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs her. Er fuhr los, vergaß das Handy aus der Hand zu legen und telefonierte weiter. Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldbuße von 60 €. Dagegen setzte er sich mit der so genannten Rechtsbeschwerde zur Wehr. Mit Erfolg, denn das Oberlandesgericht Stuttgart entschied: “Ein Kraftfahrzeugführer, der während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand hält und über die Freisprechanlage telefoniert, verstößt nicht gegen das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen gemäß § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Geräts nutzt.“
Diese Entscheidung begründet sich in einem kleinen Wort in einer Neuformulierung des Gesetzeslautes der Straßenverkehrsordnung. Nach der alten Fassung war die Benutzung des Telefons untersagt, wenn der Fahrer hierfür das Gerät aufnimmt oder hält. Seit der Reform heißt es nun: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.“ Von ausschlaggebender Bedeutung war für die Richter des Oberlandesgerichts Stuttgart das Wort „muss“. Aufgrund der Freisprechanlage hätte das Handy aber jederzeit zur Seite gelegt werden können. Es musste also nicht zur Benutzung in der Hand gehalten werden. Außerdem habe das bloße Halten des Handys kein eigenständiges Gefährdungspotential denn während der Fahrt sei schließlich auch der Verzehr von Essen und Getränke gestattet. Daher war aus Sicht des Gerichts der Tatbestand der Vorschrift nicht erfüllt und der Betroffene freizusprechen.
Das ursprünglich strikte Handyverbot am Steuer wird also zunehmend aufgelockert und auf die tatsächliche Gefährdung, z.B. durch SMS-Schreiben, reduziert. Bedenkt man, dass bislang von manchen Gerichten sogar schon das bloße Weglegen des Handys mit Strafe belegt wurde, so ist die Stuttgarter Entscheidung lebensnah und zu begrüßen.
Das Handyverbot am Steuer ist damit freilich nicht gänzlich aufgehoben; weiterhin gilt für alle, die in ihrem Auto nicht über eine Freisprechanlage verfügen und deshalb das Handy zum Telefonieren ans Ohr halten müssen, dass dies verboten ist und mit einem Bußgeld geahndet wird.

Rechtsanwalt Heiermann
Fachanwalt für Strafrecht

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