Topaktuelle Rechtsprechung aus dem Saarland – Hoffnung für Temposünder?
Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht
Endlich Sommer, endlich Urlaub, endlich mal abschalten…z.B. im Süden Frankreichs. Dort wo azurblau bis smaragdgrün changierendes Wasser an einem der schönsten Strände des Mittelmeeres nicht nur mit wunderschönen Yachten, einem illustren Publikum, sowie einem der vielleicht schönsten und berühmtesten Strandlokale der Welt, dem Club 55 (so verlautbaren es zumindest manche Stimmen), aufwartet, ist es einfach bei einem kühlen Glas Rosé und köstlichen Meeresfrüchten dem Alltag zumindest vorübergehend zu entfliehen.
Doch fällt das Abschalten leider nicht so leicht wenn womöglich kurz vor der wohlverdienten Erholungszeit noch ein Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid in der Post lagen, denn dann macht sich schnell Sorge breit.
Eine dazu passende top aktuelle Entscheidung des saarländischen Verfassungsgerichtshofes, lässt jedoch aufhorchen: Zwar sei vorangestellt, dass zu schnelles Fahren auch weiterhin mit Geldbußen und ggf. Punkten und Fahrverboten sanktioniert wird. Allerdings könnte sich eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VerfGH) des Saarlandes vom 05.07.2019 für betroffene Verkehrsteilnehmer durchaus günstig auswirken, denn die Messergebnisse des in dem dort verhandelten Fall verwendeten Blitzgeräts Traffistar S 350 aus dem Hause Jenoptik sind nach Auffassung des Gericht als Beweismittel ungeeignet. Als Begründung wird ausgeführt, dass das Blitzgerät, die seinen Ergebnissen zu Grunde liegenden Rohmessdaten nicht speichert und diese damit einer Prüfung nicht zugänglich sind. Betroffene müssen aber die Möglichkeit zur Überprüfung, der gegen sie erhobenen Vorwürfe haben, denn ansonsten liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens – den Fair-Trial-Grundsatz – aus Art. 6 der Menschenrechtskonvention, vor.
Der Hersteller Jenoptik kündigte prompt Updates an. Auch außerhalb des Saarlandes zeigen sich wohl Reaktionen, so sollen in Berlin und Bielefeld bereits die Blitzer des betroffenen Typs außer Betrieb gestellt worden sein.
Zwar ist die Entscheidung aus dem Saarland nicht für sämtliche deutschen Gerichte bindend, zumindest aber ist sie richtungsweisend und bietet für den Verteidiger in einem Bußgeldverfahren eine gute Ansatzmöglichkeit. Interessant ist hierbei auch der Umstand, dass diverse Geräte anderer Hersteller in ihrer Bauart dem von Jenoptik ähneln und Gerichte derzeit länderübergreifend über die Verwertbarkeit der Messungen solcher Geräte zu entscheiden haben.
Wichtig für die Betroffenen, die sich aktuell dem Vorwurf eines Geschwindigkeitsverstoßes ausgesetzt sehen ist jedenfalls, dass keine laufenden Fristen versäumt werden. Gegen einen Bußgeldbescheid sollte binnen zwei Wochen seit Zustellung Einspruch eingelegt werden. Andernfalls drohen Rechtskraft und damit ggf. unanfechtbares Bußgeld, Punkte und womöglich sogar ein Fahrverbot. Es ist also ratsam, sich rechtzeitig an einen qualifizierten Rechtsanwalt zu wenden, der die Erfolgsaussichten einer Verteidigung einschätzen und die richtigen Maßnahmen ergreifen kann.
– Ende –