„falsa demonstratio non nocet“ oder „eine falsche Bezeichnung schadet nicht“

Stefan Heiermann | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht

Das Recht kennt viele Grundsätze. Einer davon ist der Rechtsgrundsatz der so genannten falsa demonstratio non nocet. Dieser besagt, dass eine fehlerhafte Ausdrucksweise nicht nachteilig ist, wenn der wahre Sinn der Erklärung erkennbar oder unzweideutig festgestellt werden kann. Genau das gilt bei dem Abschluss eines Vertrages. Danach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung „der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“. Die Parteien haben also etwas anderes gewollt, als das, was sie tatsächlich erklärten und sich damit lediglich über den Inhalt ihrer Erklärungen geirrt. Trotz fehlerhafter Bezeichnung ist der Vertrag dann aber trotzdem mit dem eigentlich gewollten Inhalt trotzdem geschlossen worden.
Ein Musterbeispiel ist der so genannte „Haakksjöringköd-Fall“: Vor rund 100 Jahren kaufte der A bei dem B 214 Fass Haakjöringsköd. Dabei gingen beid davon aus, dass es sich bei Haakjöringsköd um Walfleisch handele. Tatsächlich bezeichnet im Norwegischen das Wort „Haakjöringsköd“ allerdings Haifischfleisch: Håkjerring ist der Grönlandhai. Bei der Lieferung stellte sich heraus, dass die bestellten Fässer, also Haifischfleisch enthielten. B erhielt die Lieferung, wollte dann, weil sich die wirtschaftliche Lage geändert hatte, den Vertrag anfechten. Er begründete dies damit, dass man sich doch über die Kaufsache – geirrt habe. Tatsächlich – und entsprechend zutreffen – urteilte seinerzeit das damals letztinstanzlich zuständige Reichsgericht, ist bei der Auslegung einer Willenserklärung aber „der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“. Die Parteien hatten also subjektiv etwas anderes gewollt, als dass, was sie objektiv erklärt hatten und sich damit nur über den Inhalt „ihrer Erklärungen“ geirrt. Es bestand daher – was bis heute gilt – kein Grund dafür, an der falschen Bezeichnung festzuhalten, da beide doch eigentlich dasselbe gewollt hatten. Der Vertrag war damit rechtskräftig zu Stande gekommen.

Rechtsanwalt Stefan Heiermann

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